Im vergangenen Jahr war ich mal wieder Feuer und Flamme, denn Rammstein ging wieder auf große Stadiontour. In den vergangenen Jahren war ich ja immer mindestens bei einem Konzert, dieses Mal sollte es aber dann doch etwas mehr werden. Wie so oft hatte Ally großes Glück bei der Kartenbeschaffung, während ich bei Eventim im Warteraum versauerte, konnte sie für uns eine Karte nach der nächsten ergattern. Unser großer Vorteil war dabei auch noch die LIFAD-Mitgliedschaft, dadurch durften wir bereits einen Tag eher Karten erwerben.
Wir kauften dann Karten für das Eröffnungskonzert in Prag, zwei Mal in Dresden und für das Abschlusskonzert in Gelsenkirchen. Kurz darauf gab es dann schon das erste Problem, das mich im Nachhinein wirklich sehr geärgert hat. Ich wollte explizit das letzte Konzert in der Veltins Arena besuchen, so hätte ich das Eröffnungskonzert und das Abschlusskonzert erleben können, etwas was ich bis dahin noch nie geschafft hatte. Schnell nachdem alle Karten verkauft waren, wurden weitere Shows angekündigt und plötzlich war das von uns gebuchte Konzert nicht mehr das letzte, sondern das zweite von vier, etwas das mich wirklich sehr ärgerte, ändern konnte ich es aber nicht, denn ich hatte direkt ein Hotel gebucht, das hat mich wirklich sehr gefrustet.
Prag
So begann unsere Tour zur Tour mit einer entspannten Fahrt nach Prag, dank guter Autobahnanbindung für uns quasi ein Katzensprung. Gemeinsam mit meinem Vater erreichte ich das am Flughafen gelegene Hotel, etwas zentraleres war nicht zu bekommen. Kurz vorab, an diesem Tag fanden in Prag ein Rammsteinkonzert, ein Fußballspiel der ersten Liga zwischen Sparta Prag und Slavia Prag und zu guter letzt noch die Eishockey WM mit mehreren Spielen statt. Ihr wisst, bereits eine dieser Großereignisse würde in Deutschland für Ausnahmezustand sorgen, den öffentlichen Personennahverkehr lahm legen und die Handynetzte zusammenbrechen lassen. Nicht so in Prag: Wenn man nicht gewusst hat, was am gleichen Abend noch für Events stattfanden, man hätte es nicht gemerkt. Es klappte alles reibungslos, es standen genug U-Bahnen bereit und auch das Handynetz hielt stabil durch. Da können wir Deutsche noch sehr viel lernen, man hat sich in Prag zu jedem Zeitpunkt sicher und gut aufgehoben gefühlt, Polizeipräsenz gab es so gut wie keine, war aber auch nicht nötig.
Was mich dann etwas irritierte, war der Verkauf ausschließlich mittels Chips, die man vorher aufladen musste, ich wusste davon, aber vor Ort funktionierte es dann doch anders, als ich recherchiert hatte. Die Getränkepreise waren wie immer jenseits von Gut und Böse, aber das war man inzwischen gewohnt. Wir hatten vorher etwas gegessen und getrunken, so dass für jeden nur ein Becher beschafft werden musste. Auch hatte ich schon alle Tour-Shirts vorab online kaufen können, Anstehen am Merch-Stand fiel so auch weg und es wurde ein ein entspanntes Konzert. In Prag standen wir im zweiten Drittel, es war sehr voll, aber nicht überlaufen, auch konnte man die Bühne sehr gut erkennen, auch der Ton war gut, aber das war man ja gewohnt von Rammstein. Wieder wie vor einigen Jahren in der Slowakei fiel mir auf, dass deutlich weniger Handys gezückt wurden, das tat der Stimmung gut und war einfach angenehmer. Zum ersten Mal spielte Rammstein den unveröffentlichten Opener Ramm4, den mein Vater tatsächlich schon einmal bei einem Festival in Wien gehört hatte. Alles in allem ein toller Abend, ich würde jeder Zeit wieder nach Prag für ein Konzert reisen.
Dresden
Die entgegengesetzte Erfahrung machte ich dann kurz darauf in Dresden, hier hatte ich gleich für zwei Tage Karten, aber beide Male allein. Beim ersten Konzert fuhr Ally mit und wir übernachteten im Hotel. Beeindruckend war, dass man aus dem Hotelfenster, das einige Kilometer entfernt war, sowohl die Musik hören konnte, als auch die Feuerschwaden sehen konnte. Hätte Ally mir keine Videos gezeigt, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Das Konzert an sich war wunderbar, leider musste in Dresden aufgrund von Anwohnerbeschwerden eher begonnen werden und beim ersten Konzert war es sehr sonnig, so dass bestimmt die Hälfte des Abends bei strahlend blauem Himmel absolviert wurde, was der Lichtshow und dem Feuer nicht gut tat und so nicht die volle Wirkung entfaltet wurde. Ich stand sehr weit vorne, seitlich an der Bühne direkt vor der Feuerzone und das obwohl ich eigentlich Sitzplatzkarten hatte, die ganz weit hinten waren. Auf dem eigentlichen Festgelände gab es jedoch keinerlei Absperrungen, so entschied ich mich gegen den Sitzplatz und bekam quasi das Feeling der Feuerzone, das hat mich sehr glücklich gemacht und war auch echt aufregend.
Nach dem Konzert herrschte pures Chaos, es gab nur einen richtigen Ausgang für knapp 60.000 Menschen und dieser Ausgang war maximal 10 Meter breit. Es dauerte eine Ewigkeit bis ich raus war, es war unglaublich eng, viel enger als beim eigentlichen Konzert und die Stimmung in der Menge war durch die Situation sehr angespannt. Ich fühlte mich alles andere als wohl und musste eine Zeit lang gegen eine aufkeimende Panikattacke in der Menge ankämpfen, zum Glück hatte ich ein Beruhigungsspray dabei, ohne hätte ich, alleine wie ich war in dem unfassbaren Gedränge ein Problem bekommen. So wie mir ging es vielen anderen und irgendwann wurden durch die Besucher die Absperrungen einfach durch pure Masse weg geschoben, die Polizei schimpfte und wollte dagegen vor gehen, hatten aber keine Chance, das war richtig beängstigend und zeigte mal wieder perfekt den Unterschied zwischen Events im Ausland, die ich bisher immer als entspannt erlebt habe, und den Vergleich in Deutschland.
Beim zweiten Konzert in Dresden fuhr ich mit dem Auto hin und danach direkt heim, ich hatte ja keinen weiten Weg. Dieses Mal ging es für mich in die Feuerzone, ich hatte einen tollen Platz sehr weit vorne aber kurz bevor das extreme Gedrängel anfängt, so konnte ich das Konzert genießen. Es ist einfach noch mal etwas anderes, wenn man in der Feuerzone steht, alle Effekte treffen einen und die Musik ist viel lauter. Als Schneider die Bassdrum das erste Mal hämmern ließ, ging einem der Ton durch Mark und Bein, so stark zu spüren war er da vorne, es war grandios. Dieses Mal war es grau und bewölkt, schon wirkte das Konzert von Anfang an ganz anders und ich hatte einen tollen Abend. Man hatte auch vom Chaos gelernt, jetzt gab es zwei Ausgänge, die waren zwar beide total eng und es dauerte ewig bis man raus war, besser war es trotzdem.
Gelsenkirchen
Einige Zeit später hieß es dann, auf nach Gelsenkirchen, oder vielmehr Essen, denn da war unser Hotel, obwohl wir direkt gebucht hatten w,ar es super schwer gewesen, Zimmer zu bekommen, die nicht unverschämt teuer waren. So fuhr ich mit Ally, unserem Sohn und der Schwiegermutter in den tiefsten Ruhrpott, ein kleiner Ausflug sollte es werden. Wir schauten uns Essen an, auch die Zeche und alles was dazu gehört, das war wirklich schön. Auch eine Joggingrunde machte ich, bei der ich mir Teile von Essen ansehen konnte und ich fand es nicht so schlimm wie seinen Ruf, aber sehr dreckig war es trotzdem, das muss ich zugeben. Am Abend des Konzertes machten Ally und ich uns auf den Weg zur Veltins Arena. Ich wollte die schon immer mal sehen, das erste Stadion mit verschließbaren Dach und dem Rasen, den man rausfahren konnte. Was hab ich damals als Jugendlicher gestaunt über diese krasse Arena, die bei Galileo und Co. bis zum Erbrechen ausgeschlachtet wurde. Vorab, das Stadion ist toll, sauber und sehr übersichtlich. Es gab ausreichend Toiletten und Verkaufsstände, man kann dazu echt nichts Negatives sagen. Dieses Mal mussten wir sitzen, ganz hinten und fast in der letzten Reihe, aber der Ton war auch hier wunderbar und man konnte toll auf die Bühne schauen, wenn man seine Brille mit hatte. Da um uns herum alle sitzen blieben, standen wir nicht auf, Ally störte das auch nicht und so genoss ich das Konzert wirklich mal auf eine andere Art. Wie immer war es sehr gut und sogar Ally, die nun kein Rammstein-Fan ist und mir zu liebe mit kam, war begeistert und total geflasht über das, was sich ihr darbot. Ein besseres Feedback kann man ja eigentlich nicht geben.
Wie in Dresden war der Rückweg dann die absolute Katastrophe, es fuhr eine Straßenbahn, aber man musste immer ewig warten bis die nächste kam, um wieder einen Schwung Menschen weg zu bringen. So standen wir ewig auf einer Fußgängerbrücke über den Gleisen und harrten der Dinge aus, die dann kamen. Irgendwann schafften wir es auch mal auf das Gleis und durch eine glückliche Fügung schafften wir es in die enge Bahn. Danach gondelten wir ewig zum Bahnhof zurück, es war unglaublich heiß in der Bahn und andauernd blieb diese auch noch einfach stehen und nichts passierte. Das Konzert war nun schon wieder ewig vorbei und wir waren noch nicht mal am Bahnhof in Gelsenkirchen, mussten aber auch noch nach Essen kommen. Wir verpassten die nötige S-Bahn und wussten auch nicht so richtig weiter, Mitarbeiter fand man keine, auch keinen Info-Stand und das Handynetzt war naja, wenig zuverlässig, wir waren ja in Deutschland bei einem Konzert. Schlussendlich riss mir der sprichwörtliche Geduldsfaden und wir stürmten wie viele andere vor und nach uns auch zu einem Taxistand. Auch dort, keine Überwachung, nichts, Menschen drängten sich einfach in die Autos, teilweise wurde mehr Geld geboten, es war wie auf dem Basar. Nach ewigem Warten nahm uns dann ein netter Taxifahrer mit und brachte uns sicher nach Hause.
Falls Rammstein doch wieder eine Tour machen sollte, werde ich auf jeden Fall dabei sein, aber dann nur noch im Ausland oder an Orten in Deutschland, die ich selbst mit dem Auto erreichen kann, ohne auf öffentliche Verkehrsmitteln angewiesen zu sein. Aber dafür kann die Band nichts, die Konzerte waren alle wunderbar und haben mir gut gefallen.
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